EIN KLEINER, ABER WICHTIGER SCHRITT ZU EINER SOZIALEN WOHNSTADT BERN

Motion Luzius Theiler (GB-DA): Für Erhaltung der preisgünstigen städtischen Wohnungen
Intervention der PdA Bern an der Stadtratssitzung vom 7. Juli 2011

Es gibt sie doch noch: die klaren und griffigen Vorstösse für eine soziale städtische Wohnpolitik! Was uns die GPB-DA hier vorsetzt, kommt ohne Widersprüche und Halbherzigkeiten aus, wie wir sie aus den vergangenen Monaten hier im Rat zur Genüge kennen. Und wir können und müssen die Motion auch ernst nehmen, weil Luzius Theiler sich nicht als Wandlungs-Hals eignet.

Die meisten Vorstösse in Sachen Wohnbaupolitik kranken immer wieder an zwei Übeln: entweder scheitern sie schon an der Entscheidungsbefugnis privater Besitzer oder Bauherrschaften oder der Begriff des günstigen Wohnraums lässt eine Breite von Interpretationen zu, die jede Überprüfung illusorisch macht. Wenn die Konfusion dann noch nicht gross genug sein sollte, kann ja immer noch mit dem Zauberwort der „Durchmischung“ die Sicht vernebelt werden. 

In seiner Antwort bekennt sich der Gemeinderat zum Grundsatz „kostendeckender Mieten“, beschwört dann aber sogleich – für den Fall der Annahme der Motion von Luzius Theiler – das Schreckgespenst von „zusätzlichen Subventionen“ herauf und spricht im letzten Satz einer „gewinnbringenden städtischen Wohnbaupolitik“ das Wort. Was will er denn aber nun eigentlich genau? Kostendeckung oder Gewinn? Oder spielt er hier gar mit einem moralphilosophischen Begriff des Gewinns? Eines jedoch scheint immerhin klar zu sein: dass bei dieser städtischen Wohnpolitik nichts klar ist – nichts einfach so klar auf der Hand liegen kann. Alles ist halt eine Frage der Gewichtung und der politischen Entscheidung. Diese politische Gewichtung macht die vorliegende Motion deutlich.

In seiner Antwort stellt der Gemeinderat seiner eigenen Wohnpolitik nicht gerade das beste Zeugnis aus: „Der städtische Wohnungsbestand war und ist überaltert.“ Und die Vorsilbe „über“ gibt vor, ganz genau zu wissen, worin das rechte Mass liegt. Bei dieser Vorsilbe ist Vorsicht angebracht! Alles wird älter. Immer wieder. Bloss: Wie geht man damit um? Wie geht die Stadt als Wohneigentümerin damit um? Wie die Mieterinnen und Mieter? Und wer definiert denn eigentlich „Wohnkomfort“? Wenn die Stadt es während Jahren, Jahrzehnten verpasst hat, die städtischen Liegenschaften in einem anständigen Zustand zu erhalten, dann ist das allein schon penibel genug. Wenn der Gemeinderat sich aus diesem Versäumnis nun jedoch schnurstracks ein Argument dreht gegen sanfte Renovationen von günstigem Wohnraum, dann kann man über dieser Dreistigkeit nur den Kopf schütteln.

Die von der Motion vorgeschlagenen Massnahmen sind ganz probate Mittel, um dem grob fahrlässigen Umgang mit städtischem Boden und Wohnraum einen Riegel zu schieben. Einerseits gilt es den noch vorhandenen erschwinglichen Wohnraum mit allen Mitteln zu sichern. Die Motion ist ein solches Mittel. Andererseits muss aber das Angebot an günstigen Wohnungen auch ausgeweitet werden. Dies ist eine aktuelle Notwendigkeit, die nicht den Launen des Marktes überlassen werden kann. Mit der vorliegenden Motion wird ein entsprechendes Zeichen gesetzt. Der Weg zu einer sozialen Wohnstadt Bern ist noch sehr lang. Heute Abend können wir einen kleinen Schritt machen. Wagen wir ihn!

Rolf Zbinden, Partei der Arbeit Bern, 7. Juli 2011 pdf